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Altersdiskriminierung in Stellenausschreibung

Fachbeitrag im Arbeitsrecht

LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 17.10.2023 - 2 Sa 61/23 Keine Altersdiskriminierung – Tankstellenpächter darf Stelle für „junges, dynamisches Team mit Benzin im Blut“ ausschreiben

Eine Stellenausschreibung, die besagt „Wir sind ein junges, dynamisches Team mit Benzin im Blut und suchen Verstärkung“, impliziert keine direkte Altersdiskriminierung und rechtfertigt daher nicht die Annahme gemäß § 22 AGG. Es gibt keine einheitliche Definition für „energiegeladen“. Die Interpretation dieses Begriffs in Bezug auf ein bestimmtes Alter oder eine Altersgruppe hängt vom individuellen Standpunkt des Betrachters ab.

Der Sachverhalt:

Ein Tankstellenpächter, der sein neunköpfiges Verkaufsteam verstärken wollte, schaltete eine Stellenanzeige auf www.indeed.de. In der Anzeige hieß es unter anderem:  „Wir sind ein junges, dynamisches Team mit Benzin im Blut und suchen Verstärkung“. Zu diesem Zeitpunkt waren drei der bestehenden Mitarbeiter bereits über 60 Jahre alt, einer über 50 Jahre alt und vier um die 40 Jahre alt. Nur ein Mitarbeiter war 19 Jahre alt und als Aushilfe beschäftigt.

Der Kläger, damals etwa 50 Jahre alt, bewarb sich im Mai 2022 auf die Stellenanzeige. Im Juni 2022 teilte der Beklagte ihm mit, dass er sich gegen eine Einstellung entschieden habe. Stattdessen wurde im Juli 2022 ein Mitarbeiter eingestellt, der zu diesem Zeitpunkt 48 Jahre alt war und später seine Arbeitszeit auf 30 Stunden erhöhte.

Der Kläger behauptete, die Formulierung „junges dynamisches Team“ in der Stellenanzeige weise auf eine Altersdiskriminierung hin. Er interpretierte „jung“ als Hinweis auf das Alter der gesuchten Teammitglieder. Da der Beklagte trotz entsprechender Aufforderung nicht seiner Auskunftspflicht nach Art. 15 DSGVO nachgekommen sei, forderte der Kläger einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von 500 € sowie 250 € für jeden angefangenen Monat der Verspätung, insgesamt also 1.250 €.

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, da keine Altersdiskriminierung vorlag. Diese Entscheidung wurde im Berufungsverfahren vom Landesarbeitsgericht bestätigt.

Die Gründe:

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung, weder gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) noch gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO).

Der persönliche Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 AGG war zwar eröffnet. Denn wenn eine Stellenausschreibung Formulierungen enthält, insbesondere Anforderungen, die „auf den ersten Blick“ den Anschein erwecken, der Arbeitgeber habe den Arbeitsplatz unter Verstoß gegen § 11 AGG ausgeschrieben, kann dies die Vermutung gemäß § 22 AGG begründen, dass der/die erfolglose Bewerber/in im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt wurde (BAG, Urteil vom 11.8.2016 – 8 AZR 406/14). Der Beklagte hat jedoch nicht zu Lasten des Klägers gegen das Benachteiligungsverbot (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG) verstoßen und ist daher nicht gemäß § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung verpflichtet.

Es gab weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 AGG. Der Beklagte hatte die Stelle in seinem Betrieb nicht unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters ausgeschrieben. Insbesondere lässt sich aus der Passage in der Stellenausschreibung „Wir sind ein junges, dynamisches Team mit Benzin im Blut und suchen Verstärkung“ keine unmittelbare Diskriminierung des Alters ableiten. Daher war diese Passage nicht geeignet, die Vermutung gemäß § 22 AGG zu begründen, dass der Kläger im Auswahl-/Stellenbesetzungsverfahren wegen seines Alters benachteiligt wurde.

Eine Stellenausschreibung, die an eine breite Öffentlichkeit gerichtet ist, sollte nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn so interpretiert werden, wie es von verständigen und redlichen potenziellen Bewerbern unter Berücksichtigung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird. Dabei sollten die Verständnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Bewerbers zugrunde gelegt werden. Im vorliegenden Fall jedoch war es für einen durchschnittlichen Bewerber nicht offensichtlich, dass der Beklagte gezielt nach Bewerbern mit einem jüngeren Lebensalter suchte. Es existiert keine allgemeingültige Definition von „jung“, und welche Altersgruppe oder Altersspanne damit gemeint ist, hängt vom individuellen Standpunkt des jeweiligen Betrachters ab.

Der Antrag auf Entschädigung gemäß Artikel 82 Absatz 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) wurde ebenfalls abgelehnt. Gemäß der Auslegung dieser Bestimmung durch den Europäischen Gerichtshof (Urteil vom 4. Mai 2023 – C-300/21) genügt allein die Verletzung der Bestimmungen dieser Verordnung nicht, um einen Anspruch auf Schadensersatz zu begründen. Es ist erforderlich, dass tatsächlich ein Schaden eingetreten ist und ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen der Verletzung der DSGVO und dem Schaden besteht. Das Vorbringen des Klägers konnte jedoch keine konkrete Darlegung eines immateriellen Schadens enthalten.

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